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Atarot, efraimitisch

 

 

 

 

 

 

Weitere Namen

Lokalisierungsvorschläge

Namensformen AT

עֲטָרוֹת ʿaṭārôt. Αταρωθ / Ἀσταρώθ.

Belege AT

Jos 16,7

Belege NT

ausserbiblische Belege aus vorhellenistischer Zeit
(BIS CA. 300 v.Chr.)

Deuterokanonische Texte und Ausserbiblische Belege
ab hellenistischer Zeit

Αρχιαταρωθ? (Eusebius, Onomastikon: Timm 30,2, Nr. 90; Klostermann 26,18; Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 29, Nr. 90).
 

Beschreibung

Belege

Der Ortsname Atarot begegnet in der Bibel häufig, so auch dreimal in der Grenzbeschreibung Ephraims (Jos 16,2; Jos 16,5; Jos 16,7). Während das in Jos 16,5 genannte Atrot-Addar durch den anderen Namen und die Lage an der Südgrenze Ephraims sicher von dem Atarot in Jos 16,7 abgegrenzt werden kann, stellt sich bei dem Atarot in Jos 16,2 die Frage, ob es mit dem Atarot aus Jos 16,7 identisch ist. In der Forschung wird in der Regel zwischen dem Atarot aus Jos 16,7 und dem gleich geschriebenen Ort in Jos 16,2 unterschieden. Der Ort in Jos 16,2 liegt auf der Südgrenze Ephraims, während der Ort in Jos 16,7 an der Ostgrenze des gleichen Stammes zu finden ist. Der Ort aus Jos 16,2 wird meist mit Atrot-Addar aus Jos 16,5 und Jos 18,13 identifiziert.

Etymologie

In der Forschung werden zur Etymologie des Namens vor allem zwei Möglichkeiten diskutiert. Zum einen eine Ableitung von einer Wurzel ‛ṭr "umgeben", die auf eine befestigte Siedlung hinweisen würde (vgl. Borée, Wilhelm 1968a, 48; MacDonald, Burton 2000a, 111). Da die Wurzel jedoch auch die Bedeutung "bekränzen, krönen" trägt, ist diese Deutung nicht zwingend (vgl. Jericke, Detlef 2020a, 93); denn es könnte sich dabei auch um einen Plural von ʿatārāh "Krone, Kranz, Kreise" handeln. Dies würde dem Aussehen vieler Siedlungen in Palästina entsprechen (vgl. Jericke, Detlef 2020a, 93; Ben-Sholomo, David u.a. 2020a, 16).
Aufgrund dieses Umstandes wurde der Name wohl für viele Orte in Palästina gewählt. Wegen der Häufigkeit des Namens ist eine Identifikation allein auf der Grundlage der Überlieferung des Namens nicht möglich (vgl. Jericke, Detlef 2020a, 93).

Jos 16,7

Aufgrund der Nennung vor Naara bildet Atarot den nördlichsten Punkt der Grenze Ephraims im Jordantal (vgl. Kallai, Zecharia 1986a, 161). Seine Lage muss zwischen Janoach (Janoach, efraimitisch) und Naara zu suchen sein (vgl. Bar, Shay / Zertal, Adam 2018a, 399), sodass ein Verlauf der Grenze von Janoach aus nach Süden wahrscheinlich ist.
Das in Jos 16,7 verwendete Verb stammt von der Wurzel jrd "hinabsteigen", das eine Bewegung von oben nach unten bezeichnet; in einer Grenzbeschreibung wird dabei ausgedrückt, dass die Grenze von einem Fixpunkt zu einem tiefergelegenen Punkt verläuft.
In Jos 16,7 ist der Text problematisch, da in der Grenzbeschreibung die beiden Fixpunkte Atarot und Naara lediglich durch die Kopula waw verbunden werden. Somit erfolgt keine genauere Bestimmung der Lage der beiden Orte. Möglicherweise ist hier Text ausgefallen, sodass diese Orte nicht in unmittelbarer Umgebung gelegen haben müssen (vgl. Elliger, Karl 1930a, 279-280); dieser ursrpüngliche Text lässt sich jedoch nicht mehr rekonstruieren.

Onomastikon

Im griechischen Text des Onomastikons findet sich die Namensform Αρχιαταρωθ, die auch in den Lesarten von Jos 16,2-LXX und Jos 16,5-LXX belegt ist (vgl. Gaß, Erasmus 2019a, 159), allerdings nicht in Jos 16,7; die lateinische Übersetzung des Onomastikons bietet die kürzere Lesart Atarot. Der griechische Text des Onomastikons liefert jedoch einen Hinweis darauf, dass sich der Eintrag Αρχιαταρωθ wahrscheinlich auf das Atarot aus Jos 16,2 bezieht, da sich dort der Name der Arkiter findet, der bei Eusebius mit dem Ortsnamen Atarot verschmolzen ist. 
Gegen eine Identifikation von Αρχιαταρωθ mit dem Atarot an der Ostgrenze Ephraims spricht auch der Umstand, dass der Ort bei Rama (Rama, benjaminitisch) liegen soll. Damit läge der Ort allerdings zu weit im Westen, um in den Grenzverlauf von Jos 16 zu passen; ebenso liegt Rama südlicher als das eisenzeitliche Jericho, sodass dies nicht mit den Angaben von Jos 16,7 übereinstimmt.

Identifikationen

Gelegentlich wird die Identifikation von Atarot von der Lokalisation der Levitenstadt Jokmeam (1Chr 6,43; 1Kön 4,12) abhängig gemacht (vgl. dazu Mazar, Benjamin 1960a, 199). Die Levitenstadt wurde u.a. mit Tell eṣ-Ṣimādī identifiziert (vgl. Mazar, Benjamin 1960a, 199), welches auch für Atarot vorgeschlagen wurde (s. u. zu Tell el-Mazār). Da eine Identifikation von Tell eṣ-Ṣimādī mit Atarot unwahrscheinlich ist, wäre die Identifikation mit Jokmeam kein Problem. Jedoch wurde auch Tell Qāʿūn (1944.2014) für Jokmeam vorgeschlagen (vgl. Bar, Shay / Zertal, Adams 2017a, 93-94; Bar, Shay / Zertal, Adam 2018a, 400). Somit erscheint die Identifikation von Jokmeam für die Identifikation von Atarot nicht von großer Relevanz, da die Lokalisation dieses Ortes nicht sicher ist.

a) Ḫirbet Kaswal 

Dieser Ort wurde von Conder, Claude R. / Kitchener, Herbert H. 1882a, 393 vorgeschlagen. Die Ortslage wird bisweilen auch Ḫirbet eṭ-Ṭairiyeh genannt. Weshalb dieser Platz mit Atarot identifiziert wird, wird nicht erklärt. In der weiteren Forschung wurde dieser Vorschlag nicht mehr aufgenommen.

b) al-ʿAṭṭāra

al-ʿAṭṭāra wurde aufgrund der Ähnlichkeit des Namens vorgeschlagen (vgl. Kampfmeyer, Georg 1892a, 112; Elitzur, Yoel 2004a, 150-155). Jedoch gründet hier die Identifikation allein auf der Ähnlichkeit des Namens, was aufgrund der Häufigkeit dieses Ortsnamens nicht möglich ist (vgl. Jericke, Detlef 2020a, 93); zudem werden die beiden gleichnamigen Orte aus Jos 16,2 und Jos 16,7 identifiziert, was ebenfalls nicht möglich ist (s. o.). Darüber hinaus liegt der Ort deutlich zu weit nördlich von Janoach (Janoach, efraimitisch) und anderen zuvor genannten Grenzorten, als dass eine Identifikation mit dem Atarot aus Jos 16,7 möglich wäre.

c) Tell el-Mazār

Dieser Tell wird bisweilen auch Tell eṣ-Ṣimādī genannt (vgl. Bar, Shay / Zertal, Adam 2017a, 280; nach Miller, Daniel 1999a, 174 gehört der Name Tell eṣ-Ṣimādī jedoch zu keinem Ort; diese Meinung wird jedoch von keinem anderen Autor vertreten).
Der Tell erhebt sich 25m über die umgebende Fläche. Das dort liegende Fort diente in der Eisenzeit II der Kontrolle der wichtigen Kreuzung (vgl. Bar, Shay / Zertal, Adam 2017a, 284).
Im Falle einer Identifikation würde die Grenze jedoch von Janoach (Janoach, efraimitisch) aus auf direktem Wege über die Berge nach Osten verlaufen. Da der vorhergehende Grenzverlauf von Jos 16 jedoch entlang des Wādi et-Ṭalah und später des Wādi al-Afjam verläuft (vgl. Bar, Shay / Zertal, Adam 2018a, 400), ist es wahrscheinlich, dass auch Atarot im Umland oder in der Verlängerung des Wādi al-Afjam zu finden ist, das bis in das Jordantal fließt.

d) ḪirbetʿAuǧāʾ et-Taḥtā

Dieser Ort wird teilweise auch Tell et-Trūni genannt. Der sehr kleine Tell liegt leicht erhöht und am Wadi ʿAuǧāʾ in unmittelbarer Nähe von Ḫirbet ʿAuǧāʾ el-Fōqā.
Dieser Ort wurde bisweilen für Atarot vorgeschlagen (vgl. Alt , Albrecht 1926a, 33), da ḪirbetʿAuǧāʾ et-Taḥtā in den Grenzverlauf von Jos 16 zwischen Janoch (Janoach, efraimitisch) und Naara passen würde.
Aufgrund des nur geringen Scherbenbefunds für die Eisenzeit II erscheint es unwahrscheinlich, dass Atarot mit diesem Ort zu identifizieren ist (vgl. Bar, Shay / Zertal, Adam 2018a, 409). Jedoch ist der Tell zum Teil durch einen modernen Friedhof bedeckt und auch von Bulldozern beschädigt worden, sodass eine Verzerrung der Daten möglich wäre (vgl. Bar, Shay / Zertal, Adam 2018a, 408). Doch selbst wenn man diese Verzerrung einbezieht, erscheint der Ort im Vergleich zum nahegelegenen Ḫirbet Auǧāʾ el-Fōqā als der unbedeutendere und kleinere Ort.

e) Ḫirbet Auǧāʾ el-Fōqā

Der Ort liegt 11km nordöstlich vom eisenzeitlichen Jericho entfernt am Wadi ʿAuǧāʾ auf einem Hügel und ragt mit seinen steilen Abhängen aus der Umgebung heraus. Er diente wohl nicht der Landwirtschaft, worauf die steilen Abhänge des Siedlungshügels und die in 1,5km Entfernung gelegene Quelle hinweisen; zudem fehlt es (nach derzeitigem Stand der Ausgrabungen) an Lagermöglichkeiten am Ort (vgl. Ben-Shlomo, David u.a. 2020a, 29).
Durch die erhöhte Lage war jedoch eine Kontrolle dieser Region im Jordantal möglich. Diese militärische und strategische Bedeutung des Ortes zeigt sich in der Kasemattenmauer (vgl. Ben-Shlomo, David u.a. 2020a, 12-13.21-23). In der Eisenzeit II war der Ort wohl ein wichtiges militärisches und administratives Zentrum (vgl. Zertal, Adam 2009a, 119).
Umstritten ist derzeit, ob Ḫirbet Auǧāʾ el-Fōqā mit Atarot oder mit Naara zu identifizieren ist. Für eine Identifikation mit Atarot spricht die topographische Lage des Ortes, die der Etymologie von Atarot entsprechen würde (vgl. Zertal, Adam 2009a, 120-121). Da Ḫirbet Auǧāʾ el-Fōqā jedoch der letzte Ort mit eisenzeitlichen Spuren vor Jericho ist (vgl. Ben-Shlomo, David / Hawkins, Ralph K. 2021a, 63-64), ist dieser Ort wohl mit Naara zu identifizieren.


f) Tell Šēḫ eḏ-Ḏiʾāb

Der Tell Šēḫ eḏ-Ḏiʾāb wurde bisweilen für Atarot vorgeschlagen (vgl. Alt, Albrecht 1927a, 32; Elliger, Karl 1930a, 279; Glueck, Nelson 1951a, 419).
Der Tell liegt leicht erhöht und diente wohl in der Eisenzeit II als befestigter Ort oder als Festung der Kontrolle der naheliegenden Faṣāʾel Wasserquellen (1884.1620; s. dazu Bar, Shay / Zertal, Adam 2018a,101-104) und des in unmittelbarer Nähe liegenden Faṣāʾel Reservoirs; der Ort war an mehreren Stellen mit Mauern befestigt. Im Südosten des Tells befindet sich eine 50m lange und 10m weite Rampe, die zum Tell hinauf führt. Es ist jedoch unklar, wozu diese Rampe genutzt wurde: als Baurampe, als Weg zum Tell oder aber als Belagerungsrampe. Südlich des Tells befindet sich das Faṣāʾel Wasserreservoir, das ca. 15.000 m3 Wasser fassen konnte; es ist nicht klar, wie das Reservoir in den unterschiedlichen Zeiten gefüllt wurde; die in der Umgebung zu findenden  Aquädukte werden in römischer Zeit dieser Aufgabe gedient haben (vgl. Bar, Shay / Zertal, Adam 2018a, 139-147).
Die Lage Ortes am Ausgang des Wādi Kirād bzw. des Wādi al-Afjam in das Jordantal (vgl. Elliger, Karl 1930a, 279; Kallai, Zecharia 1986a, 162-166) würde gut in den Grenzverlauf von Jos 16 passen. Die Grenze würde von Janoach (Janoach, efraimitisch) entlang des Wādi Kirād nach Tell Šēḫ eḏ-Ḏiʾāb und dann am Rand des Jordangrabens weiter bis nach Naara verlaufen; folglich würde auch der Ort Atarot tiefer liegen als Janoach, was den Angaben von Jos 16,7 entsprechen würde.
Da diese Lokalisierung jedoch allein auf Jos 16,7 beruht, dessen Text nicht ohne Probleme ist, und der Name in diesem Fall als Identifikationsgrundlage ausfallen muss, kann die Gleichsetzung von Atarot mit Tell Šēḫ eḏ-Ḏiʾāb nicht als gesichert angesehen werden.

 

 

Autor: Jakob M. C. Luz y Graf, 2022; letzte Änderung: 2022-10-07 17:46:03

 

 

 

 

Lexikonartikel

  • ThWAT 3 (1982) 894-901 (Mayer, Günter, Art. יָרַד jāraḏ)
  • NBL 1 (1991), 198 (Rauschenbach, Beatrice, Art. Atarot)
  • ABD 1 (1992), 510 (Franklin, Paul Nimrah, Art. Ataroth [Place])
  • WiBiLex 2019 (Koenen, Klaus, Art. Atarot)
  • EBR 2 (2009), 1178 (Altmann, Peter, Art. Ataroth 2. Of the Archites)

 

Literatur

Conder, Claude R. / Kitchener, Herbert H. 1882a , 393 ;  Dillmann, August 1886a , 541 ;  Kampfmeyer, Georg 1892a , 112-114 ;  Alt, Albrecht 1926a , 32 ;  Alt, Albrecht 1927a , 32-33 ;  Elliger, Karl 1930a , 279.304 ;  Glueck, Nelson 1951a , 408-412.414-416 ;  Noth, Martin 1953a , 105 ;  Mazar, Benjamin 1960aBorée, Wilhelm 1968a , 48 ;  Aharoni, Yohanan 1984a , 270 ;  Na’aman, Nadav 1986a , 158 ;  Kallai, Zecharia 1986a , 159-163 ;  Fritz, Volkmar 1994a , 172 ;  Tsafrir, Yoram u.a. 1994a , 71 ;  Schmitt, Götz 1995a , 74 ;  Moatti-Fine, Jacqueline 1996a , 190 ;  Nelson, Richard D. 1997a , 192 ;  Miller, Daniel 1999a , 174 ;  MacDonald, Burton 2000a , 111 ;  Elitzur, Yoel 2004a , 150-155 ;  Zertal, Adam u.a. 2009aRösel, Hartmut N. 2011a , 273 ;  Bar, Shay 2014a , 557-558.570 ;  Moster, David 2017a , 237-238 ;  Bar, Shay / Zertal, Adam 2017a ,93.100-101.280-283 ;  Bar, Shay / Zertal, Adam 2018a ,77-79.139-147.394-403.408-411 ;  Gaß, Erasmus 2019a , 159 ;  Jericke, Detlef 2020a , 99.107 ;  Ben-Shlomo, David u. a. 2020a Ben-Shlomo, David / Hawkins, Ralph K. 2021a