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Weitere Namen
Marah
Lokalisierungsvorschläge
Namensformen AT
מרה mārāh. Μερρα, Πικρια
Belege AT
Ex 15,23; Num 33,8-9
Belege NT
ausserbiblische Belege aus vorhellenistischer Zeit
(BIS CA. 300 v.Chr.)
Deuterokanonische Texte und Ausserbiblische Belege
ab hellenistischer Zeit
Μαρ (Josephus, antiquitates 3,3);
Μερρα (Eusebius, Onomastikon 126,3–5: Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 120, Nr. 656; Timm, Stefan 2017a, 161, Zeile 6f, Nr. 659)
Merrha (Origines, in exodum homilia VII, 1: MignePG 12, 341);
mrh (Targume zu Ex 15,23 (Sperber, Alexander 1959a, 115 Díez Macho, Alejandro 1970a, 101; Díez Macho, Alejandro 1980a, 11)
Beschreibung
Name
Der Ortsname Mara („bitter“) hat symbolische Bedeutung und steht für das bittere Wasser, das die Israeliten vorfinden und das Mose auf Weisung Jhwhs in trinkbares Süsswasser verwandelt (Ex 15,23–26; vgl. Robinson, Bernard P. 1987a). LXX transkribiert den Ortsnamen lediglich bei der ersten Nennung (Μερρα; Ex 15,23a), bei den folgenden Erwähnungen übersetzt sie hebr. mārāh mit πικρια „bitter“ (Ex 15,23b; Num 33,8-9).
Altes Testament
Das Exodusbuch nennt Mara als erste Station der Wüstenwanderung der Israeliten nach dem Aufbruch vom Meer / Schilfmeer und der Durchquerung der Wüste Schur (Ex 15,22-23). Nach dem Itinerar Num 33 erreichen die Israeliten jedoch Mara vor der Ankunft am Schilfmeer, da der Text zwischen dem Meer als dem Ort des Rettungswunders (Num 33,8) und dem Schilfmeer als einfacher Wegstation unterscheidet (Num 33,11). Daher wird die Ortsangabe Schilfmeer erst nach den beiden ersten Wüstenstationen (Mara, Elim) genannt, während zwischen dem Meer und Mara nicht die Wüste Schur, sondern die Wüste Etam steht. Die Auflistung von Num 33 interpretiert auf diese Weise den Wechsel der Bezeichnungen Schilfmeer und Meer für den Ort des Rettungswunders in Ex 13–15. Da Num 33 erkennbar eine literarische Konstruktion darstellt, wird bei der Lagebestimmung meist Ex 15,22-23 herangezogen und Mara östlich des Schilfmeers gesucht. Allerdings geht auch aus Ex 15,22-23 nicht eindeutig hervor, wie die Lage von Mara in Relation zum Schilfmeer oder zur Wüste Schur vorzustellen ist.
Lokalisierung
Die frühe christliche Tradition sah im Golf von Suez das alttestamentliche Schilfmeer und fand demzufolge Mara südöstlich von Suez. In der Topographia Christiana des Kosmas Indikopleustes (6. Jh.) ist Clysma (Suez, traditonell al-Ḳulzum bzw. Qulṣum as-Suwēs 29.954611º N, 32.573972º E; Tsafrir, Yoram u.a. 1994a, 104f; griechisch Κλύσμα φρούριον: Klaudios Ptolemaios, geographikē 4,5,14; vgl. Stückelberger, Alfred / Graßhoff, Gerd 2006a, 424f) der Ort des Durchzugs durch das Meer. Die erste Station nach dem Durchzug nennt Kosmas Phoinikōn. Dieser Ort, der dem alttestamentlichen Mara entsprechen könnte, wird meist bei den ʿUyūn Mūsā („Mosequellen“) ca. 15 km südöstlich von Suez lokalisiert (Davies, Graham I. 1979a, 42f; Schmitt, Götz 2001a). Einflussreich war und ist auch der Vorschlag, Mara bei ʿAin Ḥawwara ca. 60 km südöstlich von Suez zu lokalisieren (Burckhardt, Johann Ludwig 1824a, 776f; Abel, Félix-Marie 1938a, 378f; Simons, Jan 1959a, 251f § 427; Sarna, Nahum M. 1991a, 84; Jacob, Benno 1997a, 450). Dort findet sich eine Quelle mit bitterem, sulfathaltigem Wasser. Außerdem entspräche die Entfernung zu Suez etwa einer dreitägigen Wanderung vom Schilfmeer bis nach Mara (Ex 15,22), wenn das Meeerwunder bei Suez angenommen wird. Die Erzählung Ex 15,22-26 setzt jedoch keine Quelle mit bitterem Wasser, sondern die Umwandlung in Süsswasser voraus, und die Angabe eines Wegs von drei Tagen ist stereotyp (Gen 30,36; Ex 10,22-23; Num 10,33 u.ö.; vgl. Fritz, Volkmar 1970a, 37). Die vereinzelt vorgeschlagene Gleichsetzung von Mara mit Bīr el-Murra ca. 10 km östlich von Suez beruht nicht nur auf dem Namensanklang, sondern auch auf der angenommenen Nähe zu Refidim, wenn diese Station im etwas weiter südlich verlaufenden Wādī Sadr gesucht wird (Hoffmeier, James Karl 2005a, 161–163; vgl. Har-el, Menashe 1983a). Allerdings ist Refidim weder im Exodusbuch (Ex 17,1; Ex 17,8; Ex 19,2) noch in Num 33 (Num 33,14-15) in direktem Zusammenhang mit Mara erwähnt.
Wer das Schilfmeer mit dem Golf von ʿAqaba gleichsetzt, findet Mara entweder nördlich (Oblath, Michael D. 2004a, 115) oder südöstlich von el-ʿAqaba. So lokalisiert Noth Mara bei der gut 150 km südöstlich von el-ʿAqaba gelegenen Quelle ʿAin Marra (Noth, Martin 1940a, 26 Anm. 61 = Noth, Martin 1971a, 73), weil er, im Anschluss an Musil (Musil, Alois 1926a, 269), Refidim bei dem ca. 40 km weiter westlich gelegenen Massif von er-Rafīd sucht. Die Ansetzungen gründen auf der These, Num 33 liege ein altes Stationenverzeichnis eines Wallfahrtswegs von Palästina zum Sinai (Sinai, Berg) zugrunde, wobei der Berg Sinai in Nordwestarabien beim Vulkankegel Ḥalā l-Bedr vermutet wird (vgl. noch Koenig, Jean 1963a; Koenig, Jean 1964a; Gese, Hartmut 1967a = Gese, Hartmut 1974a, 49–62; Koenig, Jean 1971a). Die exegetischen und topographischen Voraussetzungen dieser Theorie halten jedoch kritischer Nachfrage nicht stand (Zuber, Beat 1976a, 15–72; Davies, Graham I. 1979a; Maiberger, Paul 1984a). Auch der Hinweis auf die Namensähnlichkeit zwischen Mara und ʿAin Marra ist nicht ergiebig, da sich in den Wüsten südlich Palästinas viele Wasserstellen mit bitterem, schwefelhaltigem Wasser finden und daher Namen mit dem Element marr/murr („bitter“) häufig anzutreffen sind (Bailey, Clinton 1984a, 46).
Anhänger der sogenannten Kadeschhypothese, die davon ausgehen, dass in den Büchern Exodus und Numeri ursprünglich eine Wanderung der Israeliten von Ägypten über Kadesch direkt nach Kanaan erzählt wurde und dass daher ein großer Teil der in den Wüstenwanderungserzählungen genannten Toponyme bei Kadesch-Barnea zu suchen ist, vermuten auch Mara in dieser Gegend, wobei eher provisorisch und ohne Lokalkenntnis die ʿAin el-Qudērāt, d.h. die Hauptquelle der Oase von Kadesch-Barnea vorgeschlagen wird (Greßmann, Hugo 1922a, 74; vgl. Greßmann, Hugo 1913a, 121–124). Allerdings wird die Kadeschhypothese heute nicht mehr verfolgt (Jericke, Detlef 1997a, 282f; WiBiLex, Art. Kadesch-Barnea, 2008), wodurch auch die darauf basierende Lokalisierung von Mara hinfällig wird.
Insofern kann keiner der für Mara vorgebrachten Lokalisierungsvorschläge überzeugen. Dazuhin erscheint es aufgrund der genannten Schwierigkeiten (symbolhaltiger Name, unklare literarisch-topographische Relation zum Schilfmeer, unterschiedliche Vorstellungen von der Lage des Schilfmeers und des Berges Sinai) ausgeschlossen, selbst die gedachte Lage von Mara hinreichend zuverlässig zu bestimmen.
Autor: Detlef Jericke, 2021; letzte Änderung: 2022-06-23 16:03:52
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Lexikonartikel
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BHH
2 (1964), 1143f (Morawe, Günter, Art. Mara)
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NBL
2 (1995), 705 (Görg, Manfred, Art. Mara)
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ABD
4 (1992), 513 (Thompson, Henry O., Art. Marah)
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WiBiLex
2009 (Michel, Andreas, Art. Mara)
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EBR
17 (2019), 866f (Jericke, Detlef, Art. Marah [Place])
Literatur
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Burckhardt, John Lewis 1822a , 473f ;
Burckhardt, Johann Ludwig 1824a , 776-778 ;
Raumer, Karl von 1837a , 23f ;
Robinson, Edward 1841a , 90-98 ;
Seetzen, Ulrich Jasper 1855a , 117f ;
Palmer, Edward Henry 1871a , 40f.272f ;
Bartlett, Samuel Concord 1879a , 199–202.185-207.391 ;
Meyer, Eduard, 1906a , 100‒103 ;
Greßmann, Hugo 1913a , 121–124 ;
Greßmann, Hugo 1922a , 74 ;
Musil, Alois 1926a , 269 ;
Abel, Félix-Marie 1938a , 210.378f ;
Noth, Martin 1940a , 26 ;
Simons, Jan 1959a , 251f § 427 ;
Fritz, Volkmar 1970a , 37f ;
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Davies, Graham I. 1979a , 42f ;
Har-El, Menashe 1983a , 356f ;
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Sarna, Nahum M. 1991a , 84 ;
Houtman, Cornelis 1993a , 115 ;
Jacob, Benno 1997a , 449–453 ;
Schmitt, Götz 2001a ;
Oblath, Michael D. 2004a , 115 ;
Hoffmeier, James Karl 2005a , 161–163 ;
German, Brian T. 2013a ;
Germany, Stephen 2017a , 95-97 ;
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