|
|
Weitere Namen
Endor
Lokalisierungsvorschläge
Namensformen AT
עין דר (ʿên dor; Jos 17,11); עין דור (ʿên dôr; 1 Sam 28,7); עין דאר (ʿên do’r; Ps 83,11). Ἀελδώρ / Αενδωρ. Hendor, Aendor, Endor
Belege AT
Jos 17,11; 1Sam 28,7; Ps 83,11
Belege NT
ausserbiblische Belege aus vorhellenistischer Zeit
(BIS CA. 300 v.Chr.)
Deuterokanonische Texte und Ausserbiblische Belege
ab hellenistischer Zeit
ʿ[jn] dʾr (4QJoshb Frg. 5: b>Tov, Emanuel 1995a, 158)
Δωρος (Flavius Josephus, antiquitates 6, 330)
Ἀενδωρ (Eusebius, Onomastikon: Timm 40,8–41,2. 119,3–5.182,1-3 §§ 150.151.477.751; Klostermann 34,8–11. 94,22–24. 140-141,5; Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 37.91.132 §§ 150-151.475.748); Aendor (Hieronymus: Timm 40*,7–11.182*,1-3; Röwekamp, Georg 2017a, 114-115.208-209.276-277)
Ἠνδωρ (Eusebius, Onomastikon: Timm 119,3–5 § 477; Klostermann 94,22–24; Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 91 § 475); Endor (Hieronymus: Timm 119*2–4; Röwekamp, Georg 2017a, 208-209)
torrens Endor (Hieronymus, Epistula 46,13: Hilberg, Isidor 1910a, 344)
Endor (Petrus Diaconus, De Locis Sanctis V.1: Röwekamp, Georg 2017b, 308-309)
ʾndʾr (Estori ha-Parchi: Edelmann, Hirsch 1852a, 46a)
Beschreibung
Namensformen
Bei allen biblischen Belegen findet sich eine andere Schreibweise des zweiten Namensteils (s.o.). Trotz der unterschiedlichen Schreibweisen ist davon auszugehen, dass es sich um einen Ort handelt.
Auch die LXX weist verschiedene Schreibweisen für En-Dor auf: Ἀελδωρ in 1Sam 28,7 und Αενδωρ in Ps 83,11. In Jos 17,11-LXX fehlt En-Dor, wie andere Orte aus dem MT.
Etymologie
Die Etymologie von En-Dor ist nicht sicher zu bestimmen. Beim ersten Namensteil ʿên („Quelle“) ist die Deutung zwar klar (vgl. Borée, Wilhelm 1968a, 85); beim zweiten Teil finden sich jedoch unterschiedliche Ableitungen: „Siedlung“ (vgl. Meister, Abraham 1991a, 97.112); „Dor“ als Personen- oder Ortsname (vgl. Borée, Wilhelm 1968a, 106); „Versammlung“ (vgl. Margatlith, Othniel 1985a, 111); „(vergangene) Generationen“ (vgl. Wibilex 2015, 2.) ; „Ewigkeit“ (vgl. Gaß, Erasmus 2012d, 161); „Umkreisung“ (vgl. Boling, Robert G. / Wright, G. Ernest 1984a, 413). Darüber hinaus wurde der zweite Namensteil mit der griechischen Volksgruppe der Dorer (vgl. ABD 1992, 499) und mit der hurritischen Götterbezeichnung enna durinna („uralte Götter“; ʾōb. Teil I>Ebach, Jürgen / Rüterswörden, Udo 1975a, 59-60) in Verbindung gebracht. Aufgrund der Geschichte der Totenbeschwörerin von En-Dor in 1Sam 28,7 erscheint eine Verbindung des Ortsnamens mit Unterweltsvorstellungen wahrschweinlich. Diese Deutung ist allerdings nicht gesichert.
Altes Testament
Nach Jos 17,11 wurde das ursrpünglich zu Issachar gehörende En-Dor dem Stamm Manasse zugesprochen. Der Ort konnte allerdings nicht erobert werden (Jos 17,12), wurde aber fronpflichtig gemacht (Jos 17,13). Aufgrund des Fehlens von En-Dor in Jos 17,11-LXX und den parallelen Listen Ri 1,27 und 1Chr 7,29 wurde bisweilen angenommen, dass En-Dor lediglich eine Dittographie des zuvor genannten Ortes Dor und somit textkritisch zu streichen ist (vgl. Rösel, Hartmut N. 2011a, 282f; im Gegensatz dazu sehen Boling, Robert G. / Wright, G. Ernest 1984a, 413 Dor als Dittographie von En-Dor). Dagegen spricht jedoch, dass En-Dor bereits in der Handschrift 4QJoshb zu Jos 17,11 genannt wird (vgl. Gaß, Erasmus 2019a, 187). Vermutlich ist En-Dor aber erst später durch einen Redaktor in die Liste der manassistischen Städte eingefügt worden (vgl. Moster, David 2017a, 213). Aufgrund dieser nachträglichen Einfügung ist nicht notwendigerweise davon auszugehen, dass es sich bei En-Dor um eine mit den anderen in Jos 17,11 genannten Orten vergleichbare Stadt handelt (Dor, Megiddo, Taanach, Jibleam, Bet-Schean). Auch die Belege in 1Sam 28,7 und Ps 83,11 setzen keine größere Stadt voraus.
Nach 1Sam 28,7 sucht Saul am Vorabend der Schlacht von Gilboa in En-Dor eine Totenbeschwörerin auf, nachdem andere Methoden, JHWHs Willen zu erfahren, gescheitert sind. Die Erzählung könnte dabei die Erinnerung an Totenbeschwörer an diesem Ort bewahrt haben (vgl. Tropper, Josef 1989a, 217f). Aufgrund der Lage des Lagers Sauls beim Berg Gilboa (1Sam 28,4) ist eine gewisse Nähe von En-Dor zum Berg anzunehmen, da sich Saul nach der Erzählung nicht allzu weit vom Lager entfernen konnte (vgl. Margatlith, Othniel 1985a, 110).
Nach Ps 83,11 lag En-Dor in der Nähe des Kampflatzes, auf dem Sisera und Jabin vernichtend geschlagen wurden. In Ri 5,19-20 wird die Schlacht jedoch bei Taanach und Megiddo verortet und auch in Ri 4,12-13 taucht En-Dor nicht auf. In Ri 4,12-13 wird aber der Berg Tabor erwähnt, der in vielen nachalttestamentlichen Belegen als Bezugspunkt zur Lokalisation von En-Dor verwandt wird. Daher ist davon auszugehen, dass der Autor von Ps 83,11 tatsächlich En-Dor in Blick hatte und dessen Lage kannte (vgl. Zori, 1952a, 114; zu den unterschiedlichen topographischen Traditionen der Sisera-Schlacht s. Gaß, Eramsus 2017a).
Außerbiblische Belege
Josephus erwähnt En-Dor im Rahmen einer Paraphrase von 1Sam 28 (antiquitates 6, 330; vgl. Elitzur, Yoel 2004a, 175). Hier ist En-Dor als Δωρος und somit ohne den ersten Namensteil belegt, was wohl darauf hinweist, dass Josephus den Ort nicht kannte.
Im Onomastikon ist En-Dor fünfmal belegt. Zweimal wird es dabei lediglich zur Näherbestimmung von anderen Orten (Afek, Jesreelebene und Nain; Timm § 151 und § 751) verwendet. An einer anderen Stelle wird En-Dor mit der Quelle aus 1Sam 29,1 identifiziert (Timm § 150), womit Eusebius dem fehlerhaften Text von 1Sam 29,1-LXX folgt (vgl. Röwekamp, Georg 2017a, 114 Fn.149). Dennoch ist die Identifikation von En-Dor mit dem Ort Aendor am vierten Meilenstein südlich vom Berg Tabor für die Identifizierung relevant. Unter dem Lemma Ἠνδωρ paraphrasiert Eusebius Jos 17,11 und 1Sam 28,7 und lokalsiert dabei En-Dor in der Nähe von Nain und Skythopolis (Bet-Schean) (Timm § 477; vgl. Abel, Félix-Marie 1938a, 316).
En-Dor wird auch in einem Brief des Hieronymus an Marcella in einer Reihe von Reisewünschen erwähnt (vgl. Tsafrir, Yoram u.a. 1994a, 121). Im Umfeld von En-Dor werden dabei Nain, der Berg Hermon und Kapharnaum genannt.
En-Dor wird ebenfalls bei Petrus Diaconus erwähnt, der auf eine ihm vorliegende Handschrift des Berichtes der Egeria zurückgreift (vgl. Röwekamp, Georg 2017b, 309 Fn.72). Der Ort wid dabei zwischen dem Berg Tabor, dem Berg Hermon und Tiberias genannt. Egeria will am Ort noch die Grundmauern des Hauses der Totenbeschwörerin gesehen haben.
Nach Estori ha Parchi befand sich das Dorf ʾndʾr in der Nähe des Berges Tabor und nördlich von Jesreel (vgl. Zori, Nehemjāh 1952a, 114).
Identifikationen
Die Lage von En-Dor ist umstritten und demzufolge findet sich eine Reihe von Vorschlägen. Aufgrund der literarischen Belege ist eine Lage in der Jesreelebene (Ebene Jesreel), in der Nähe der Berge Gilboa und Tabor sowie der Städte Nain und Jesreel zu erwarten. Der Name deutet auf eine Quelle am Ort hin.
Quelle von Dor
Selten wurde En-Dor als Quelle des Ortes Dor in Jos 17,11 gedeutet (s. dazu Brown, John Pariman 1981a, 399). Diese Identifikation ist abzulehnen, da es sich bei Dor um eine Küstenstadt handelt, alle literarischen Belege auf eine Lage von En-Dor im Binnenland hindeuten und in Jos 17,11 durch den Zusatz benôtæhā („und ihre Tochterstädte“) zwischen beiden Orten unterschieden wird (vgl. Margatlith, Othniel 1985a, 110f).
Tell Abū Qudēs
Alternativ wurde eine Identifikation mit Tell Abū Qudēs erwogen (s. dazu ABD 2, 500). Der Tell war in der Eisenzeit, der persischen, spätrömischen und früharabischen Zeit besiedelt (vgl. Zori, Nehemjāh 1977a, 50 Site 72). Gegen eine Identifikation mit En-Dor spricht jedoch die große Entfernung zum Tabor (ca. 29 km Luftlinie) und zu ʿIndûr (ca. 20 km Luftlinie; s.u.), sowie zu anderen Orten, die im Umfeld von En-Dor liegen sollten; zudem ist der Tell wahrscheinlich mit Kedesch in Issachar (Kedesch, Issaschar) zu identifizieren (vgl. Gaß, Eramsus 2017a, 327).
Ḫirbet Yadūrā
Erwogen wurde auch eine Identifkation mit Ḫirbet Yadūrā (s. dazu ABD 2, 500). Am Ort findet sich zwar Keramik aus der Eisenzeit II und aus byzantinischer Zeit (vgl. Zori, Nehemjāh 1977a, 45 Site 67), allerdings keine Quelle. Darüber hinaus ist die Ḫirbe ebenfalls zu weit von den Orten entfernt, die in der Umgebung von En-Dor zu erwarten sind.
ʿIndūr
Der biblische Name des Ortes hat sich bei ʿIndūr erhalten (vgl. Simons, Jan 1959a, 322 §714). Daher wurde der Ort v.a. in der älteren Forschung mit En-Dor identifiziert (vgl. Robinson, Edward 1841b, 468f; Keil, Karl Friedrich 1847a, 447). Da sich am Ort aber keine Überreste aus vorrömischer Zeit finden, ist die Identifikation abzulehnen (vgl. Zori, Nehemjāh 1952a, 114). Aufgrund der Namensähnlichkeit ist es wahrscheinlich, dass die Bewohner von ʿIndūr den Namen aus der Umgebung übernommen haben (vgl. Zori, Nehemjāh 1952a, 117; zur lautlichen Entwicklung s. Elitzur, Yoel 2004a, 175-177). En-Dor ist daher in der Nähe von ʿIndūr zu erwarten.
Tell el-ʿAǧǧūl
Aufgrund der Lage in der Nähe von ʿIndūr (ca. 1km südwestlich von ʿIndūr gelegen) und Scherbenfunden aus der Mittleren Bronzezeit I, der Eisenzeit I und II, sowie der persischen und byzantinischen Zeit wurde der am Rand der Jesreelebene gelegene Tell el-ʿAǧǧūl zur Identifikation vorgeschlagen (vgl. Garstang, John 1931a, 232.375; zur Archäologie s. Zori, Nehemjāh 1977a, 62 Site 97). Da sich am Ort jedoch keine Quelle befindet, ist eine Identifikation eher unwahrscheinlich.
Ḫirbet eṣ-Ṣafṣāfe
In der jüngeren Forschung wird En-Dor daher meist mit Ḫirbet eṣ-Ṣafṣāfe identifiziert (vgl. Simons, Jan 1959a, 322 §714; Elitzur, Yoel 2004a, 175; Butler, Trent C. 2014a, 141). Der Platz befindet sich etwa einen Kilometer nordöstlich von ʿIndūr. Wie Tell el-ʿAǧǧūl liegt Ḫirbet eṣ-Ṣafṣāfe in der Nähe aller Orte, die nach den alttestamentlichen Belegen bei En-Dor zu erwarten sind. Die Entfernung zum Berg Tabor beträgt nur ca. 4 km. Zudem findet sich am Ort mit der ʿAin Ṣafṣāfe eine Quelle. Der Ort war in der Frühen Bronzezeit I, der Mittleren Bronzezeit I-II und der Eisenzeit II sowie in der persischen, römischen, byzantinischen, früharabischen, mamelukischen und ottomanischen Zeit besiedelt (zur Archäologie des Ortes s. Zori, Nehemjāh 1952a und Zori, Nehemjāh 1977a, 113 Site 113). Somit erscheint die Identifikation der Ḫirbet eṣ-Ṣafṣāfe mit dem biblischen En-Dor am wahrscheinlichsten, ohne dass in dieser Frage letzte Sicherheit erlangt werden kann.
Autor: Jakob M. C. Luz y Graf, 2024; letzte Änderung: 2024-05-08 09:42:35
|
|
|
Lexikonartikel
-
BHH
1 (1962), 409 (Wildberger, Hans, Art. Endor)
-
NBL
I (1995), 535 (Görg, Manfred; Art. En-Dor)
-
ABD
II (1992), 499-501 (Edelman, Diana; Art. Endor (Place)
-
WiBiLex
2006 (Zee-Hansen, Lara van der; Art. En-Dor)
-
EBR
7 (2013), 871-872 (Knauf, Ernst Axel, Art. En-Dor)
Literatur
Burckhardt, Johann Ludwig 1824a , 590 ;
Robinson, Edward 1841b , 407.468-469 ;
Keil, Karl Friedrich 1847a , 322 ;
Knobel, August 1861a , 447 ;
Guerin, Victor 1874a , 118-121 ;
Dillmann, August 1886a , 545 ;
Lloyd, John 1886a , 275-276 ;
Oettli, Samuel 1893a , 180 ;
Easton, Matthew George 1893a , 227 ;
Bennett, Paul 1895a , 29 ;
Buhl, Frants 1896a , 216-217 ;
Steuernagel, Carl 1900a , 219 ;
Thomsen, Peter 1907a , 16 ;
Albright, William Foxwell 1923d , 13 ;
Alt, Albrecht 1927a , 41-42 ;
Elliger, Karl 1930a , 303 ;
Garstang, John 1931a , 232.375 ;
Thomas, D. Winton 1933a ;
Abel, Félix-Marie 1938a , 316 ;
Zori, Nehemjāh 1952a ;
Noth, Martin 1953a , 105.148 ;
Alt, Albrecht 1953c , 445 ;
Simons, Jan 1959a , 77.132.322 §§ 205.324.714 ;
Baly, Denis 1966a , 178 ;
Gray, John 1967a , 157 ;
Borée, Wilhelm 1968a , 85.106 ;
Soggin, Jan Alberto 1972a , 168 ;
Rösel, Hartmut N. 1975a , 14.21-22 ;
Ebach, Jürgen / Rüterswörden, Udo 1975a , 59-60 Fn.14 ;
Avi-Yonah, Michael 1976a , 55 ;
Zori, Nehemjāh 1977a , 113 Site 165 ;
Brown, John Pariman 1981a , 399 ;
Gal, Avi 1982a , 85 ;
Seebass, Horst 1984a , 74 Fn.22 ;
Aharoni, Yohanan 1984a , 126.245 ;
Boling, Robert G. / Wright, G. Ernest 1984a , 413 ;
Margatlith, Othniel 1985a ;
Margalith, Othniel 1985a ;
Na’aman, Nadav 1986a , 139 Fn.46 ;
Berges, Ulrich 1989a , 202-203 ;
Meister, Abraham 1991a , 112 ;
Fritz, Volkmar 1994a , 170 ;
Tsafrir, Yoram u.a. 1994a , 121 ;
Nelson, Richard D. 1997a , 203.286 ;
Elitzur, Yoel 2004a , 174-177 ;
Knauf, Ernst Axel 2008a , 152 ;
Ziese, Mark 2008a , 311 ;
Rösel, Hartmut N. 2011a , 282-283 ;
Gaß, Erasmus 2012d , 161-162 ;
Butler, Trent C. 2014a , 141 ;
Moster, David 2017a , 212-214 ;
Gaß, Erasmus 2017a , 329-331 ;
Gaß, Erasmus 2019a , 187-189 ;
|