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Ragma

 

 

 

 

 

 

Weitere Namen

Raamah

Lokalisierungsvorschläge

Namensformen AT

רעמה raʿmāh. Ρεγμα, Ραγμα

Belege AT

Gen 10,7; 1Chr 1,9; Ez 27,22

Belege NT

ausserbiblische Belege aus vorhellenistischer Zeit
(BIS CA. 300 v.Chr.)

Deuterokanonische Texte und Ausserbiblische Belege
ab hellenistischer Zeit

Ῥαμμανιται (Strabon 16,4,24)
Ῥαμος (Josephus, antiquitates 1,135)
r’mh (Targum Onkelos zu Gen 10,7: Sperber, Alexander 1959a, 14)
r’m( ) (Targume Neofiti und Pseudo-Jonatan zu Gen 10,7: Díez Macho, Alejandro 1968a, 52f; Díez Macho, Alejandro 1988a, 62f)

Beschreibung

Ragma ist in den genalogischen Listen des Alten Testaments als vierter Sohn des Kusch zwischen Sabta und Sabtecha ausgewiesen (Gen 10,7; 1Chr 1,9). Ragma werden zwei Söhne zugeordnet, Saba und Dedan. Ez 27,22 führt Ragma als Landschaftsnamen zusammen mit Saba auf. Die Hinweise deuten auf eine gedachte Lage im südlichen Arabien.  In diese Region weist auch ein in altsüdarabischen Inschriften bezeugtes rgmtm (alternative Transkription rgmtm), das zusammen mit Saba genannt ist (Müller, David Heinrich 1876a, 121f; Harding, Gerald Lankester 1971a, 271; Al-Sheiba, Abdallah Hassan 1987a, 30; ABD 5,597). Da der hebräische Konsonant ʿAyin (ʿ) möglicherweise dem semitischen bzw. arabischen Ġayin (ġ) entspricht (vgl. auch LXX Ρεγμα, Ραγμα für raʿmāh), erscheint die Gleichsetzung von raʿmāh mit rgmtm plausibel. Der Ort rgmtm wird mit der Stadt Naǧrān, der Hauptstadt des gleichnamigen Distrikts im äußersten Südwesten des heutigen Staates Saudi-Arabien an der Grenze zum Jemen gleichgesetzt, näherhin mit den Ruinen von al-Uḫdūd  im Südwesten der modernen Stadt  (Zimmerli, Walther 1979a, 656; ABD 5, 597; Saur, Markus 2008a, 209; WiBiLex; Gertz, Jan Christian 2018a, 313). Die Ruinen zeigen eine nahezu quadratische befestigte Anlage mit einer Seitenlänge von ca. 235 m. Sie war in der zweiten Hälfte des 1. Jt. v.Chr. besiedelt und wird als die Akropolis der alten Stadt bzw. Oase Naǧrān gedeutet, die als ngrn ebenfalls in altsüdarabischen Dokumenten belegt ist (Al-Marih, Saleh 2010a). Naǧrān war eine wichtige Station auf dem alten Karawanenweg („Weihrauchstraße“) von Südarabien nach Nordwestarabien und weiter in die Levante.
Vielleicht kann Ragma mit den von Strabon erwähnten Rammanitern (Ῥαμμανιται; Strabon 16,4,24) in Zusammenhang gebracht werden (Gunkel, Hermann 1910a, 153), deren Gebiet in etwa nördlich der Landschaft Ḥaḍramaut vorzustellen ist (Skinner , John 1951a, 203), also ebenfalls in einer Grenzregion zwischen den heutigen Staaten Saudi-Arabien und Jemen. Ob Naǧrān auch mit der „Stadt der Negraner“ (πόλις Νεγράνοι) oder dem Ort Negrana (Νέγρανα), die Strabon in demselben Erzählzusammenhang wie die Rammaniter nennt (Strabon 16,4,24), in Verbindung zu bringen ist, bleibt unklar. Dagegen hat die bei Klaudios Ptolemaios (geographikē 6,7,14) genannte Stadt Regma (Ῥεγμα πόλις) vermutlich nichts mit mit dem biblischen Ragma zu tun, da sie am Persischen Golf liegen soll.
Lipiński sucht Ragma am Oberlauf des Nils bei ‘Amāra im Norden des heutigen Sudan, also im Kerngebiet von Kusch (Lipiński, Edward 1992a, 145f). Seine weitergehende Begründung, Ragma sei eine abgekürzte Form des ägyptischen Namens des kuschitischen Vororts pr-r‘-ms-sw-mri̓-’lmn „Haus Ramses, des Lieblings von Amun“, erscheint wenig überzeugend. Auch die Lesung daʿmāh für raʿmāh in Ez 27,22 und der Vergleich mit ähnlichen Namen in (psudo)sabäischen Inschriften des 7./6. Jh. v.Chr. sind nicht ausreichend begründet (Lipiński, Edward 2018a, 102–105). Die Thesen Lipińskis könnten sich allenfalls noch auf Ausführungen bei Josephus berufen, der Ragma mit Ῥαμος wiedergibt. Ῥαμος soll zwei Söhne haben, von denen jedoch nur einer namentlich genannt ist, Ἰουδάδας, der Stammvater der Judadäer, eines „äthiophischen Ethnos“ (Αἰθιοπὶκον ἔθνος; antiquitates 1,135). Die Interpretation des Josephus und die Überlegungen Lipińskis scheinen davon geleitet zu sein, für die Nachkommen des Kusch eine stimmige geographische Verteilung in der ostafrikanischen Region Nubien/Äthiopien/Sudan zu finden. Angesichts der eindeutig nach Arabien weisenden Namen der Ragma-Söhne Saba und Dedan ist jedoch eine Lokalisierung von Ragma im Süden der arabischen Halbinsel vorzuziehen.

 

Autor: Detlef Jericke, 2017; letzte Änderung: 2023-12-15 12:12:23

 

 

 

 

Lexikonartikel

  • BHH 3 (1966), 1547 (Knippenberg, Renate, Art. Ragma)
  • ABD 5 (1992), 597 (Müller, Walter W., Art. Raamah)
  • WiBiLex 2010 (Sedlmeier, Franz, Art. Ragma)

 

Literatur

Gunkel, Hermann 1910a , 153 ;  Hölscher, Gustav 1949a , 46 ;  Skinner, John 1951a , 203 ;  Simons, Jan 1959a , 77 § 207 ;  Westermann, Claus 1974a , 683 ;  Zimmerli, Walther 1979a , 656 ;  Lipiński, Edward 1992a , 145f ;  Knauf, Ernst Axel 1994a , 115-117 ;  Saur, Markus 2008a , 209 ;  Al-Marih, Saleh 2010aLipiński, Edward 2018a , 102-105 ;  Gertz, Jan Christian 2018a , 313 ;