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Kusch

 

 

 

 

 

 

Weitere Namen

Kuš; Kush; Cush; Chus; Cushan; Meluḫḫa; Nubien; Äthiopien; Sudan; Ethiopia

Lokalisierungsvorschläge

Namensformen AT

כוש kûš. ’Αιθιοπια, Χους

Belege AT

Gen 2,13; 2Kön 19,9; Jes 11,11; Jes 18,1; Jes 20,3−5; Jes 37,9; Jes 43,3; Jes 45,14; Jer 46,9; Ez 29,10; Ez 30,4‒5; Ez 30,9; Ez 38,5; Nah 3,9; Zeph 3,10; Ps 68,32; Ps 87,4; Hi 28,19; Est 1,1; Est 3,13(LXX); Est 8,9(LXX); Est 8,12(LXX)

Belege NT

ausserbiblische Belege aus vorhellenistischer Zeit
(BIS CA. 300 v.Chr.)

k(3)š (ägyptisch: Aḥituv, Shmuel 1984a, 85f; Hannig, Rainer 2006a, 1195)
kāšu (akkadisch: Belmonte Marín, Juan Antonio 2001a, 160)
meluḫḫa (akkadisch: Belmonte Marín, Juan Antonio 2001a, 189)
kūsi/kūši/kūsu/kūšu (neuassyrisch: Parpola, Simo 1970a, 218; RLA 6, 347f)
meluḫḫa (neuassyrisch: Parpola, Simo 1970a, 245f; RLA 8, 53−55; Bagg, Ariel M. 2017b, 422-424)
makan (neuassyrisch: Bagg, Ariel M. 2017b, 383)

Deuterokanonische Texte und Ausserbiblische Belege
ab hellenistischer Zeit

’Αιθιοπια (Jdt 1,10; Strabon passim: Radt, Stefan 2011a, 18f)
Aethiopa (Plinius, naturalis historia 5 - 6, passim; Theodosius 16: Geyer, Paulus 1898a, 144; Donner, Herbert 2002a, 203)
Χουσαιοις (Josephus, antiquitates 1,131)
kwš (Targume: Díez Macho, Alejandro 1988a, 14f)

Beschreibung

Kusch ist im Alten Testament als Landschaftsbezeichnung und als Personenname (Gen 10,6−8; Ps 7,1; 1Chr 1,8−10) genannt. LXX schreibt für den Landschaftsnamen ’Αιθιοπια, teilweise auch das Gentilizium ’Αιθιοψ, während der Personenname als Χους transkribiert wird. Die Landschaftbezeichnung Kusch meint das Land südlich von Ägypten, also Nubien (an-Nūba), die Region am Oberlauf des Nils südlich des 1. Katarakts. Der größte Teil des antiken Kusch/Nubien gehört heute zum Staatsgebiet des Sudan, teilweise noch zu Äthiopien. Der Ort Syene/Aswān beim 1. Katarakt markiert nach Ez 29,10 die Grenze zwischen Ägypten und Kusch. Ägyptische Texte aus der Zeit des Neuen Reichs unterscheiden allerdings nochmals zwischen dem unteren Nubien, das wawat (w3w3t) genannt wird, und dem oberen Nubien, dem eigentlichen Kusch, das erst bei Wādī Ḥalfa am 2. Nilkatarakt beginnt, wo auch die heutige Staatsgrenze zwischen Ägypten und dem Sudan verläuft. Kusch liegt im äußersten Südwesten der in alttestamentlicher Zeit bekannten Welt (Est 1,1). Antike Texte erwähnen wertvolle Rohstoffe wie Gold (vgl. Klemm, Rosemarie / Klemm, Dietrich 2013a), Weihrauch, Elfenbein und Edelhölzer (vgl. Hi 28,19). Daher war die Kontrolle der auf dem Landweg schwer erreichbaren Region attraktiv. Meist wurde Kusch von den ägyptischen Pharaonen beherrscht. Lediglich kurze Zeit um die Mitte des 2. Jt. v.Chr. war die Region unabhängig. Im 8./7. Jh. regierten aus Kusch stammende Pharaonen ganz Ägypten. Der bekannteste Pharao dieser 25. („kuschitischen“) Dynastie war Tirhaka, der sich erfolgreich gegen das Vordringen der Assyrer unter Asarhaddon und Assurbanipal wehren konnte (Onasch, Hans-Ulrich 1994a), der im Alten Testament jedoch anachronistisch in den Überlieferungen zum dritten Palästinafeldzug des assyrischen Königs Sanherib und dessen Vordringen gegen Jerusalem als möglicher Verbündeter der Judäer genannt ist (2Kön 19,9; Jes 37,9). Ab ca. 300 v.Chr. konnte sich in Nubien ein eigenständiges Königtum etablieren, zunächst mit dem Zentrum in Napata, dann in Meroë. Eine der Herrscherinnen („Kandake“) erwähnt Apg 8,27. Umstritten ist die Deutung der in der „Paradiesgeographie“ Gen 2,10−14 genannten Landschaft Kusch (Gen 2,13). Seit einer einflussreichen Studie von Friedrich Delitzsch werden häufig alle in der „Paradiesgeographie“ genannten Toponyme im Zweistromland gesucht (Delitzsch, Friedrich 1881a; Hölscher, Gustav 1949a, 35−44; Dietrich, Manfried 2001a). Im Falle von Kusch könnte für eine solche Lokalisierung auf Gen 10,8 verwiesen werden, wo Kusch als Vater von Nimrod genannt ist, dessen Städte in Babylonien und Assur/Assyrien liegen (Gen 2,10−12). Daher wird das „Land Kusch“ von Gen 2,13 mit dem „Land der Kassiten“ (neuassyrisch kaššū; griech. Kossaioi) gleichgesetzt, das im persischen Bergland nördlich von Babylonien zu suchen ist. Ein solches Verständnis ist jedoch ohne Anhaltspunkt in der antiken Überlieferung. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es sich sowohl bei der „Paradiesgeographie“ Gen 2,10−14 als auch bei der „Völkertafel“ Gen 10 um konstruierte Texte handelt, die mittels einiger bekannter Toponyme literarische Weltkarten der alttestamentlichen Zeit entwerfen. Kusch steht dabei in Gen 2,10−14 für den äußersten Südwesten, das Zweistromland mit Tigris und Eufrat (Gen 2,14) für den Osten der bekannten Welt. Insofern meint Kusch in Gen 2,13 ebenso wie in allen anderen alttestamentlichen Texten, die von der Landschaft Kusch reden, und wie in den hieroglyphischen und keilschriftlichen Dokumenten des 3.−1. Jt. v.Chr. die Region von Nubien. Bereits LXX versteht den Vers so, wenn sie Kusch mit ’Αιθιοπια übersetzt, und den Strom Gihon (Gihon, Strom), der Kusch umfließen soll, Γηων nennt wie an anderer Stelle den Nil (Jer 2,18).

 

Autor: Detlef Jericke, 2015; letzte Änderung: 2019-10-08 11:17:51

 

 

 

 

Lexikonartikel

  • RLA 6 (1983), 347f (Röllig, Wolfgang, Art. Kuš, Kuschiten); 8 (1993–1997), 53−55 (Heimpel, Wolfgang, Art. Meluḫḫa)
  • RGG3 1 (1957), 137-144 (Littmann, Enno, Art. Äthiopien, I.-IV.); 4 (1960), 1540 (Lanczkowski, Günter, Art. Nubien); 6 (1962), 463f (Trimingham, John Spencer, Art. Sudan)
  • BHH 1 (1962), 147f (Reicke, Bo, Art. Äthiopien); 1 (1962), 310 (Reicke, Bo, Art. Chus)
  • 3 (1980), 888−893 (Säve-Söderbergh, Torgny, Art. Kusch)
  • TRE 24 (1994), 682–689 (Scholz, Piotr Otto, Art. Nubien); 32 (2001), 310–322 (Scholz Piotr Otto, Art. Sudan)
  • ABD 1 (1992), 1219f (Baker, David W., Art. Cushan); 4 (1992), 109ff (Redford, Donald B., Art. Kusch)
  • RGG4 6 (2003), 423f (Scholz, Piotr Otto, Art. Nubien)
  • WiBiLex 2022 (Rudolf, Stefanie, Art. Kusch / Kuschiter)
  • EBR 5 (2012), 1190−1194 (Marbury, Herbert R. / Wechsler, Michael G., Art. Cush (Place); 8 (2014), 138-150 (Witakowski, Witold u.a., Art. Ethiopia, Ancient); 21 (2023), 910–917 (Töyräänvuori, Joanna u.a., Art. Nubia)

 

Literatur

Delitzsch, Friedrich 1881aHölscher, Gustav 1949a , 35-44 ;  Simons, Jan 1959a , 18−21 § 58 ;  Speiser, Ephraim Avigdor 1964a , 66 ;  Gispen, Willem H. 1966aZibelius, Karola 1972a , 165-169 ;  Monnet Saleh, Janine 1980aLemaire, André 1981aWaldmann, Helmut 1983aWaldmann, Helmut 1985aHögemann, Peter u.a. 1987aPill-Rademacher, Irene u.a. 1988aKessler, Karlheinz 1991aLipiński, Edward 1992a , 135-139 ;  Willeitner, Joachim 1997aDietrich, Manfried 2001aKahn, Danʾel 2001aSchweizer, Günther / Mittmann, Siegfried 2001aBrier, Bob 2002aDallibor, Klaus 2005aBonnet, Charles / Valbelle, Dominique 2005aScholz, Piotr Otto 2006aWhitehouse, Helen 2009aSchneider, Thomas 2011aTörök, László 2012aJericke, Detlef 2013a , 31−33 ;  Klemm, Rosemarie / Klemm, Dietrich 2013aTörök, László 2014aPope, Jeremy W. 2014aKügler, Joachim 2015aManzo, Andrea 2017aSpencer, Neal u.a. 2017aLipiński, Edward 2018a , 96-98 ;  Honegger, Matthieu 2018aGertz, Jan Christian 2018a , 312 ;  Raue, Dietrich 2019aEmberling, Geoff / Williams, Bruce 2021a