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Stein Bohans

 

 

 

 

 

 

Weitere Namen

Stein des Bohan; Stone of Bohan

Lokalisierungsvorschläge

Namensformen AT

אבן־בהן ʾæbæn-bohan. λίθος Βαιων

Belege AT

Jos 15,6; Jos 18,17

Belege NT

ausserbiblische Belege aus vorhellenistischer Zeit
(BIS CA. 300 v.Chr.)

Deuterokanonische Texte und Ausserbiblische Belege
ab hellenistischer Zeit

Βοον (Eusebius, Onomastikon 52,6: Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 53, Nr. 238; Timm, Stefan 2017a, 62 Zeile 6, Nr. 238)

Beschreibung

Name

Der Name bohan lässt sich von hebräisch bohæn „Daumen“ (Ex 29,20; Lev 8,23-24; Lev 14, passim) ableiten. Insofern könnte ʾæbæn-bohan („Daumen-Stein“) eine steil aufragende Felsformation oder einen Steinpfeiler be­zeichnen (Boling, Robert G. / Wright, G. Ernest 1984a, 366; ABD 1, 772; EBR 4, 305). Allerdings wird Bohan an den Belegstellen im Josuabuch als Personenname für ei­nen sonst nicht erwähnten Sohn Rubens verwendet. Möglich­erweise wurde eine exponierte Felsformation erzählerisch auf eine Person bzw. auf den im Ostjordanland angesiedelten Stamm Ruben ge­deutet (vgl. Gen 19,26).

Altes Testament

Der Stein Bohans ist nur im Josuabuch in den Beschreibungen der Nordgrenze Judas (Jos 15,6) und der Südgrenze Benjamins (Jos 18,17) genannt. Er soll zwischen Gelilot/Gilgal bzw. der Steige von Adummim im Westen und Bet-Araba im Osten liegen. Jos 15,7 nennt zwischen dem Stein Bohans und Gelilot/Gilgal noch das Achor-Tal und Debir (Debir, benjaminitisch). Die Steige von Adummim liegt im Bergland westlich des Jordangrabens, Bet-Araba im Jor­dangraben selbst. Daher ist der Stein Bohans am Übergang vom Bergland in den Jordangraben vorzustellen. Entsprechend führt die Grenze nach Jos 18,17 von der Steige von Adummim zum Stein Bohans hinab (hebräisch jrd), nach Jos 15,6 steigt sie von Bet-Araba zum Stein Bohans hinauf (ʿlh).
Die Belegstellen lokalisieren den Stein Bohans westlich des Jordans. Unklar ist deshalb die Verbindung von Bohan mit Ruben, da das Stammesgebiet Rubens im zentralen Ostjordanland vorzustellen ist (Jos 13,15-23; vgl. Mittmann, Siegfried 1995a; Schorn, Ulrike 1997a, 137–223). Manche Auslegende nehmen an, dass Teile des Stammes Ruben zeitweise westlich des Jordans siedelten (Schorn, Ulrike 1997a, 197–200; Vos, Jacobus Cornelis de 2003a, 329; Gaß, Erasmus 2009a, 173) oder dass Ruben auch nach der Ansiedlung im Ostjordanland noch territoriale Ansprüche im Westjor­danland geltend machte (ABD 1, 772). Angesichts der schwierig zu datierenden Landvertei­lungstexte des Josuabuchs (Jos 13-19; vgl. Gaß, Erasmus 2019a) und des kaum zu ermittelnden his­torischen Hintergrunds bleibt die Frage der Verbindung Rubens zum Westjordanland vorerst ungelöst.

Lokalisierung

Die verschiedenen Lokalisierungsvorschläge orientieren sich an der aus Jos 15,6-7 und Jos 18,17-19 zu entnehmenden Lage des Steins am Übergang vom Bergland in den Jordangraben.
Zugunsten der Fels­formation Haǧar el-Aṣbaḥ, die ca. 10 km westlich der Jordanmün­dung in das Tote Meer (Salzmeer) und ca. 4 km nördlich der Siedlung von Ḫirbet Qumrān liegt (Abel-Félix-Marie 1938a, 48; Boling, Robert G. / Wright, G. Ernest 1984a, 366) kann geltend gemacht werden, dass arabisch aṣbaḥ „Fin­ger“ mit hebräisch bohæn „Daumen“ zwar nicht philologisch, zumindest jedoch sachlich in Verbindung zu bringen ist (Vos, Jacobus Cornelis de 2003a, 328). Etwas nördlich der Felsformation wurden kleinere Fundplätze mit eisenzeitlicher Keramik do­kumentiert (Kochavi, Moshe 1972a, 117–119; Vos, Jacobus Cornelis de 2003a, 327; Rösel, Hartmut N 2011a, 238). Haǧar el-Aṣbaḥ liegt unmittelbar nördlich der Hochebene el-Buqēʿa („die Ebene“), die gern für das Achor-Tal in Anspruch genom­men wird (Noth, Martin 1955a, 42–55; Vos, Jacobus Cornelis de 2003a, 329; Rösel, Hartmut N 2011a, 118; McKinny, Charles Christopher 2016a, 58f). Dies entspräche Jos 15,6-7. Das Achor-Tal wird mit guten Gründen jedoch auch nordwestlich von Jericho im Wādī en-Nuwēʿime gesucht (Wolff, Hans Walter 1954a; Neef, Heinz-Dieter 1984a; Kellermann, Diether u.a. 1992a). Daher kann die Nachbarschaft von Haǧar el-Aṣbaḥ und el-Buqēʿa schwerlich für die Lokalisierung des Steins Bohans ausgewertet werden. Darüber hinaus wird gegen die Gleichsetzung des Steins mit Haǧar el-Aṣbaḥ eingewandt, dass diese Felsformation zu weit südlich liegt, um als Grenzmarkierung zwischen Juda und Benjamins zu dienen. Da das östlich des Steins Bohans gedachte Bet-Hogla (Jos 15,6; Jos 18,19; Jos 18,21) nördlich der Jordanmündung liegt, würde der Grenzverlauf zwischen diesem Ort und der Steige von Adummim einen Schwenk nach Süden aufweisen (Noth, Martin 1953a, 87f; Simons, Jan 1959a, 139 § 314; Kallai, Zecharia 1986a, 119f; Vos, Jacobus Cornelis de 2003a, 328f). Al­ternativ werden die zwei Bergrücken Ruǧm el-Qiblīye und Ruǧm eš-Šamalīye vorgeschlagen, die etwa 2,5 bzw. 4,5 km nördlich von Haǧar el-Aṣbaḥ liegen (Noth, Martin 1953a, 87f.142; vgl. Kallai, Zecharia 1986a, 119; Vos, Jacobus Cornelis de 2003a, 328f), die jedoch aufgrund des Augen­scheins vor Ort kaum zur Gleichsetzung mit dem Stein Bohans in Frage kommen (Noth, Martin 1955a, 53; Noth, Martin 1957b, 6). Vereinzelt wird bei der Diskussion um die Lage des Steins eine weitere Bergformation am Rande der Buqēʿa genannt, die „Jebel el-Khamûn“ heißen soll (McKinny, Charles Christopher 2016a, 57f). Vermutlich ist Kamūn el-Qurēyin am nördlichen Ende der Buqēʿa gemeint, vielleicht auch der Ǧebel Ḥarmūn, der den nordöstlichen Rand der Buqēʿa beherrscht. Die These wird mit der unsicheren Annahme verknüpft, dass Bet-Araba nicht im Jordangraben, sondern auf Tell Muḥalḥil (1920.1332; 31.7913041º N, 35.4445954º E) am Übergang des Berglands in den Jordangraben ca. 3 km nördlich der Buqēʿa lag.
Eine Entscheidung zugunsten eines Lokalisierungsvorschlags ist nicht möglich. Der Name und die in Jos 18,17 angefügte Apposition, dass es sich bei Bohan um einen Sohn Rubens handelt, tragen nicht zur topographi­schen Klärung bei. Die ungeklärten Fragen zur Lokalisierung von Bet-Araba und dem Achor-Tal erschweren zudem die Suche nach dem Stein Bohans. Daher sollte vorerst auf eine lokale Festlegung des Steins im historisch-topographischen Sinn verzichtet werden (Fritz, Volkmar 1994a, 159; Schorn, Ulrike 1997a, 198f; Rösel, Hartmut N. 2011a, 238). Über die ungefähre Lagean­gabe am östlichen Rand des Gebirgsabfalls zum Jordangraben etwa auf der Höhe des Nordufers des Toten Meers (Salzmeer), die alle diskutierten Vor­schläge erfüllen, kommt man nicht hinaus.


 

 

Autor: Detlef Jericke, 2020; letzte Änderung: 2021-03-17 18:55:08

 

 

 

 

Lexikonartikel

  • ABD 1 (1992), 772 (Baker, David W., Art. Bohan, Stone of)
  • EBR 4 (2012), 305 (Kuan, Kah-Jin Jeffrey, Art. Bohan, Stone of)

 

Literatur

Abel, Félix-Marie 1938a , 48 ;  Noth, Martin 1953a , 87f.142 ;  Noth, Martin 1955a , 53 ;  Noth, Martin 1957b , 6 ;  Simons, Jan 1959a , 139 § 314 ;  Boling, Robert G. / Wright, G. Ernest 1984a , 366 ;  Kallai, Zecharia 1986a , 119f ;  Fritz, Volkmar 1994a , 159 ;  Schorn, Ulrike 1997a , 197–200 ;  Vos, Jacobus Cornelis de 2003a , 325.328–331 ;  Gaß, Erasmus 2009a , 173 ;  Rösel, Hartmut N. 2011a , 238 ;  McKinny, Charles Christopher 2016a , 58f ;  Jericke, Detlef 2020a , 298–201 ;