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Petor

 

 

 

 

 

 

Weitere Namen

Lokalisierungsvorschläge

Namensformen AT

פתור petôr. Φαθουρ(α). –

Belege AT

Num 22,5; Dtn 23,5

Belege NT

ausserbiblische Belege aus vorhellenistischer Zeit
(BIS CA. 300 v.Chr.)

pdr (ägyptisch: Hannig, Rainer 2006a, 1145)
pitru (neuassyrisch: Parpola, Simo 1970a, 279; Bagg, Ariel M. 2007a, 16.191)
 

Deuterokanonische Texte und Ausserbiblische Belege
ab hellenistischer Zeit

Φαθουρα (Eusebius, Onomastikon: Timm 228,1–3 § 930; Klostermann 168,22–24; Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 158 § 928); Fathura (Hieronymus: Timm 228*,1f)
 

Beschreibung

Altes Testament

Petor ist der Heimatort des Sehers Bileam. Der Ort soll am „Strom“, also wahrscheinlich am Eufrat (Num 22,5; s.u.), bzw. in Nordsyrien (Aram Naharajim; Dtn 23,5) liegen. LXX und Vulgata haben kein Äquivalent. Num 22,5-LXX transkribiert lediglich den hebräischen Lokativ petôrāh „nach Petor“ und schreibt Φαθουρα. In Dtn 23,5 begnügen sich LXX und Vulgata mit dem Hinweis auf Mesopotamien (für hebräisch ʾaram naharajim). Dass Petor im nördlichen Mesopotamien bzw. in Nordsyrien zu suchen ist, bestätigt Num 23,7, wo es heißt, Bileam komme aus Aram.

Außerbiblische Belege

Petor wird mit dem ägyptischen Toponym pdr gleichgesetzt, das in einem Text aus der Zeit des Thutmose III. (15. Jh. v.Chr.) belegt ist. Der Ort heißt in keilschriftlichen Texten der neuassyrischen Zeit pitru. Er soll unweit der Mündung des Flusses sagurri (Nahr as-Sāǧūr) in den Eufrat liegen. Die Lage in der Nähe des Eufrat entspricht weitgehend den Angaben zu Petor im Alten Testament.
Eusebius übernimmt die Schreibung Φαθουρα aus Num 22,5-LXX, paraphrasiert allerdings nur den alttestamentlichen Text. Er kennt noch einen anderen Ort namens Φαθουρα, der am Weg von Eleutheropolis (Bēt Ǧibrīn) nach Gaza liegen soll, von dem aber nichts Näheres bekannt ist (Abel, Félix-Marie 1938a, 409; Schmitt, Götz 1995a, 278).

Lokalisierung

Für die Lokalisierung von pdr (Bunnens, Guy u.a. 1990a) und pitru wird Aušar ar-Rafīʿa /Tall Aušerīya vorgeschlagen (Bagg, Ariel M. 2007a, 191). Der Platz liegt an der Mündung des sagurri (Nahr as-Sāǧūr) in den Eufrat. Am gegenüberliegenden Ufer des Eufrat befindet sich til barsip (Tell Aḥmar), der Hauptort der Herrschaft bīt-adini (Bet-Eden). Auch dieser Siedlungshügel wird gelegentlich für die Gleichsetzung mit pitru vorgeschlagen (ABD 5, 288). Von der Lage und vom archäologischen Befund her (zu eisenzeitlichen Resten s. Eidem, Jesper / Pütt, Karin 2001a, 85–87) scheint jedoch die Lokalisierung von pdr/pitru auf Aušar ar-Rafīʿa /Tall Aušerīya am wahrscheinlichsten.  
Schwierig zu beurteilen ist die Angabe in Num 22,5, dass Petor ʿal-hannāhār ʾæræṣ benê-ʿammô „am Strom, im Land der Kinder seines Volks“ liegt. Mit hannāhār „der Strom“ ist im Alten Testament zumeist der Eufrat gemeint. Daher vermuten manche Auslegende, dass sich der Ausdruck ʿammô auf das Land *amaʾu (alternative Transkriptionen: amaw, amae) bezieht, das in der Steleninschrift des Idrimi von Alalaḫ (Dietrich, Manfried / Loretz, Oswald 1981a) und in weiteren keilschriftlichen Texten aus Alalaḫ erwähnt ist (Belmonte Marín, Juan Antonio 2001a, 18). *amaʾu wird entweder, ähnlich wie pitru, am Fluss sagurri (vgl. Belmonte Marín, Juan Antonio 2001a, 18) oder nördlich des von Alalaḫ aus kontrollierten Landes mukiš lokalisiert (Bunnens, Guy u.a. 1990a). Im letztgenannten Fall liegt *amaʾu gut 400 km westlich von pitru. Von daher erscheint die Gleichsetzung von ʿammô in Num 22,5 mit *amaʾu unwahrscheinlich. Häufig wird deshalb erwogen, in diesem Vers mit Samaritanus und Vulgata „Land der Kinder Ammon“ zu lesen. Mit Ammon käme man allerdings in das zentrale Ostjordanland. Demzufolge müsste man den „Strom“ nicht als Namen für den Eufrat, sondern für den Jabbok oder den Jordan ansehen und gleichzeitig die Wendung petôrāh nicht als Lokativ „nach Petor“, sondern als ein aramäisches Wort für „Traumdeuter“ auffassen (Delcor, Mathias 1981a; Levine, Baruch A. 2000a, 145–149; Schüle, Andreas 2001a, 143–145). Für eine Verortung von Petor im Ostjordanland ließe sich auf die „Bileam-Inschrift“ aus Tell Dēr ʿAllā (Sukkot, Jordantal) verweisen (Weippert, Helga / Weippert, Manfred 1982a; Weippert, Manfred 1997a, 131–188; Sweeney, Marvin A. 2018a). Darüber hinaus gilt nach Num 22,5 Bileam als Sohn Beors. Eine gleichnamige Figur namens Beor ist auch als einer der Könige Edoms aufgelistet (Gen 36,32). Allerdings werden der Vater Bileams und der König von Edom meist als unterschiedliche Personen angesehen (Seebass, Horst 2007a, 66f). Und da der Ausdruck petôrāh am ehesten als Lokativ aufzufassen ist, erscheint eine Lokalisierung von Petor im Ostjordanland weniger gut begründet als die Gleichsetzung mit einem Platz in Nordsyrien.
 

 

Autor: Detlef Jericke, 2023; letzte Änderung: 2023-11-03 17:10:02

 

 

 

 

Lexikonartikel

  • BHH 1 (1962), 252f (Pákozdy, Ladislaus Martin, Art. Bileam)
  • TRE 6 (1980), 635-639 (Schmidt, Ludwig, Art. Bileam. I. Altes Testament)
  • NBL 1 (1991), 300f (Groß, Walter, Art. Bileam)
  • ABD 5 (1992), 288 (Brensinger, Terry L., Art. Pethor)
  • WiBiLex 2007 (Gaß, Erasmus, Art. Bileam, 2.3.)

 

Literatur

Görg, Manfred 1976bDelcor, Mathias 1981aBunnens, Guy u.a. 1990aKessler, Karlheinz 1991aRösel, Martin 1999a , 509 ;  Levine, Baruch A. 2000a , 145–149 ;  Schüle, Andreas 2001a , 143–145 ;  Eidem, Jesper / Pütt, Karin 2001a , 85–87 ;  Bagg, Ariel M. 2007a , 191 ;  Seebass; Horst 2007a , 46f.67f ;  Sweeney, Marvin A. 2018a