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Weitere Namen
Wilderness of Sin
Lokalisierungsvorschläge
Namensformen AT
מדבר־סין midbar-sîn. ἡ ἔρημος Σιν
Belege AT
Ex 16,1; Ex 17,1; Num 33,11-12
Belege NT
ausserbiblische Belege aus vorhellenistischer Zeit
(BIS CA. 300 v.Chr.)
Deuterokanonische Texte und Ausserbiblische Belege
ab hellenistischer Zeit
Σιν (Eusebius, Onomastikon 152,18–154,3: Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 143f, Nr. 818; Timm, Stefan 2017a, 202 Zeile 4–8, Nr. 820)
Ἐρημος Σιν (Mosaikkarte von Mādebā: Donner, Herbert 1992a, 69f, Nr. 97)
Beschreibung
Name
Eine befriedigende Ableitung des Namens sîn ist bislang nicht gelungen (zu einigen älteren Vorschlägen vgl. Maiberger, Paul 1963a, 168). Ein Zusammenhang mit dem Namen des Mondgottes Sin (Koenig, Jean 1963a, 30f) lässt sich schwerlich erweisen, zumal das Alte Testament „Mond“ mit jāreaḥ wiedergibt. Mitunter wird angenommen, Sin sei eine verkürzte Form von Sinai (Noth, Martin 1940a, 6f = Noth, Martin 1971a, 56f; Noth, Martin 1968a, 106; Fritz, Volkmar 1970a, 42). Das Buch Exodus unterscheidet jedoch erkennbar zwischen der Wüste Sin und der Wüste Sinai (Ex 19,1-2). Beide Wüstengebiete sollten demnach der Lage nach zumindest unterschiedlich vorgestellt werden. Ebenso ist die Wüste Sin von der Wüste Zin (midbar-ṣin) zu unterscheiden, obwohl LXX und Vulgata die Namen jeweils gleich wiedergeben (Σιν bzw. Sin). Während die Wüste Sin eine der ersten Stationen der Wüstenwanderung ist, soll die Wüste Zin bereits an der Grenze des verheißenen Landes Kanaan (Num 13,21), in der Gegend von Kadesch (Num 20,1) liegen. Die Schreibungen der LXX und der Vulgata beruhen vermutlich darauf, dass der Unterschied zwischen den hebräischen Buchstaben samek und ṣādê nicht wiedergegeben werden konnte.
Altes Testament
Nach der Darstellung des Buches Exodus ist die Wüste Sin eine der ersten Stationen auf der Wanderung der Israeliten von Ägypten nach Kanaan. Vom Schilfmeer kommen sie zunächst in die Wüste Schur (Ex 15,22), von dort aus nach Mara und Elim, bevor sie in die Wüste Sin gelangen. Diese soll zwischen Elim und Sinai liegen, wobei hier offen gelassen ist, ob mit dem Toponym Sinai die Landschaft oder der Berg gemeint ist (Ex 16,1). Die Wüste Sin ist Schauplatz der Erzählung vom Manna und den Wachteln (Ex 16). Die thematisch vergleichbare Überlieferung Num 11 ist im Nahkontext in Kibrot-Hataawa (Num 11,34-35), im weiteren Erzählzusammenhang in der Wüste Paran angesiedelt (Num 10,12). Die Stationen nach der Wüste Sin sind Refidim und Massa / Meriba, ehe der Gottesberg (Ex 18,5) und die Wüste Sinai erreicht werden (Ex 19,1). Nach dem Stationenverzeichnis Num 33 ist die Wüste Sin der erste Lagerplatz nach dem Schilfmeer (Num 33,11-12). Mara und Elim werden hier vor dem Schilfmeer genannt (Num 33,8-10) und statt Wüste Schur steht Wüste Etam (Num 33,8). Zwischen der Wüste Sin und Refidim listet Num 33 noch die Toponyme Dofka und Alusch auf (Num 33,12-14). Die Anordnung in Num 33 hängt damit zusammen, dass der in Ex 13-15 zu beobachtende Wechsel der Bezeichnungen Schilfmeer und Meer so interpretiert wird, dass allein das Meer der Schauplatz des „Meerwunders“, d.h. der durch Jhwh bewirkten Rettung der Israeliten vor dem Heer des Pharao war, während das Schilfmeer lediglich als Lagerplatz diente. Sieht man die Überlieferungen des Exodusbuchs und von Num 33 zusammen, so ergibt sich aus ihnen die Vorstellung, dass die Wüste Sin zwischen zwei anderen Wüstengebieten, der Wüste Schur/Wüste Etam und der Wüste Sinai vorzustellen ist.
Das Alte Testament kennt einen Ort namens Sin, der allerdings nicht in den Überlieferungen vom Auszug aus Ägypten oder von der Wüstenwanderung, sondern in einem Wort gegen Ägypten erwähnt ist und dort für Unterägypten steht (Ez 30,15-16). Die Vulgata übersetzt hier Pelusium und geht somit von einer Gleichsetzung mit dem bei Herodot genannten Ort Pēlousion aus, der im östlichen Nildelta gesucht wird. Da die meisten Auslegenden die Wüste Sin im Süden der Sinaihalbinsel suchen, gehen sie davon aus, dass das Wüstengebiet nichts mit dem gleichnamigen Ort zu tun hat. Nach Analogien anderer Toponyme der Wüstenwanderungserzählungen (Wüste Schur, Wüste Etam, Wüste Paran, Wüste Kadesch) ist jedoch eine Verbindung zwischen Orts- und Landschaftsbezeichnung auch im Fall von Sin nicht auszuschließen.
Nachalttetamentliche Belege
Eusebius folgt der LXX insoweit als er unter dem Stichwort Σιν die alttestamentlichen Angaben sowohl zur Wüste Sin als auch zur Wüste Zin zusammenfasst. Auf die Wüste Sin beziehen sich die Äußerungen, die Wüste liege zwischen dem Roten Meer (Schilfmeer) und der Wüste Sinai und man komme von Sin aus nach Refidim (Onomastikon 152,18f). Dagegen zielt der Hinweis auf die Gleichsetzung mit Kadesch, die in den „hebräischen Schriften“, nicht jedoch in der LXX bezeugt sei (Onomastikon 154,2f), auf die Angaben in Num 33,36 zur Wüste Zin, wo der MT die Identifizierung mit Kadesch voraussetzt, LXX jedoch hinzufügt, die Wüste Paran sei Kadesch, um einen Ausgleich mit Num 13,26 zu erreichen. Das Toponym Zin dagegen bespricht Eusebius unter dem Lemma Ἐννα(κ) (Onomastikon 84,14: Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 82, Nr. 411; Timm, Stefan 2017a, 104 Zeile 7, Nr. 411) bzw. Σεννα(κ) (Onomastikon 154,16f: Notley, R. Steven / Safrai, Zeʾev 2005a, 144, Nr. 824; Timm, Stefan 2017a, 204 Zeile 2f, Nr. 826), das Num 34,4 bzw. Jos 15,3 als Ortsname belegt ist, wobei das he-locale des hebräischen Texts (ṣināh „nach Zin“) von der LXX zum Eigennamen gezogen wird. Insgesamt setzt demnach Eusebius die Identität von Wüste Sin und Wüste Zin voraus, während er Zin als eigenen Ort versteht.
Die Mosaikkarte von Mādebā kennzeichnet Sin ausdrücklich als Wüste und fügt erklärend hinzu, dies sei der Platz, an dem Manna und Wachteln geschickt wurden. Der Eintrag findet sich in Nachbarschaft zu Refidim (Ραφιδιμ; Donner, Herbert 1992a, 70, Nr. 98) und entspricht somit dem Itinerar von Ex 16-19. Aufgrund des schlechten Erhaltungszustands des Mosaiks in dem entsprechenden Bereich ist nicht eindeutig zu erkennen, ob die Wüste Sin östlich des Nildeltas oder im Negeb platziert ist (vgl. Davies, Graham I. 1979a, 47).
Lokalisierung
Folgt man dem Itinerar von Ex 15-16 mit der Abfolge Wüste Schur – Mara – Elim – Wüste Sin und sucht Mara und Elim an der nördlichen Ostküste des Golfs von Suez, ist die Wüste Sin weiter südlich an dieser Küste zu vermuten. Gleichzeitig sollte ein Übergang zum Südteil der Sinaihalbinsel möglich sein, wo traditionell der Berg Sinai (Sinai, Berg) und damit auch die Wüste Sinai lokalisiert werden. Häufig werden alternativ zwei Routen vorgeschlagen, die alten Pilgerwegen auf die Sinaihalbinsel folgen (vgl. Simons, Jan 1959a, 252 § 428; Davies, Graham I. 1979a, 84; Maiberger, Paul 1963a, 167–170; ABD 6, 47). Die nördliche Route verläuft von der Küste über die Sandebene Debbet er-Ramle südlich des Ǧebel et-Tīh (Abel, Félix-Marie 1938a, 212f; zur Lage Schmitt, Götz 2001a). Die südliche beginnt bei der unmittelbar hinter der Küste gelegenen kleinen Sandwüste el-Marḫa und führt weiter über das Wādī Fērān ebenfalls in die Gegend um den traditionellen Gottesberg (Hoffmeier, James Karl 2005a, 162–164). Da jedoch Mara und Elim nicht zuverlässig zu lokalisieren sind und die Gleichsetzung des Wādī Fērān mit dem Toponym Paran ebenso wie die Lokaltraditionen auf der südlichen Sinaihalbinsel lediglich bis in die frühchristliche Zeit zurückreichen, erscheinen die genannten Vorschläge zur Wüste Sin „vage“ (Maiberger, Paul 1963a, 169).
Daher ist zu erwägen, ob die Wendung Wüste Sin mit dem Ortsnamen Sin in Verbindung steht. In diesem Fall wäre das Wüstengebiet östlich oder südöstlich des Nildeltas vorzustellen (vgl. WiBiLex, Art. Sin, Kartenskizze) da Sin bzw. Pelusium/Pēlousion meist mit Tall al-Faramā am äußertsn nordöstlichen Ende des Deltas gleichgesetzt wird. Folgt man dieser lokalen Ansetzung, entspräche dies der großräumigen Vorstellung der alttestamentlichen Texte, welche die Wüste Sin zwischen der Wüste Schur bzw. der Wüste Etam im Westen und der Wüste Sinai im Osten platzieren. Zumindest sind die Toponyme Schur und Etam im östlichen Nildelta, das Toponym Sinai im Süden der heutigen Sinaihalbinsel festzumachen. Allerdings ist dann davon auszugehen, dass die genannten Wüstenbezeichnungen literarische Bildungen sind, die den Weg der Israeliten durch entsprechende Landschaftsangaben illustrieren wollen.
Anhänger der rationalisierenden Theorie, dass der Berg Sinai (Sinai, Berg) in Nordwest-Arabien gesucht werden muss, finden selbstverständlich dort auch lokale Haftpunkte für die Toponyme Refidim, Dofka oder Alusch. In Bezug auf die Bezeichnung Wüste Sin begnügen sie sich damit, dass Sin eine Variante zu Sinai ist (Noth, Martin 1940a, 6f = Noth, Martin 1971a, 56f) oder dass der Name Sinai auf den Namen des nordmesopotamischen bzw. nordsyrischen Mondgottes Sin zurückzuführen ist und Wüste Sin lediglich eine späte literarische Bildung ohne topographischen Anhaltspunkt darstellt (Koenig, Jean 1963a, 30f; kritisch zu den Lokalisierungsvorschlägen der Wüste Sin auf der Sinaihalbinsel Koenig, Jean 1963a, 15f). Da jedoch die entsprechende Lokalisierung des Bergs Sinai auf nicht nachvollziehbaren exegetischen und topographischen Prämissen beruht, dürfte die Suche nach einer Wüste Sin im Norden der Arabischen Halbinsel aussichtslos sein.
Autor: Detlef Jericke; letzte Änderung: 2021-02-18 17:20:45
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